Diese Erfahrung macht die Kindertageseinrichtung St. Benediktus im Rietberger Stadtteil Varensell nunmehr seit 20 Jahren in einer jährlichen dreimonatigen spielzeugfreien Zeit, die sie „Abenteuerland“ nennt. Eine Zeit, in der die Kinder unglaublich viel fürs Leben lernen. Sie reden viel miteinander, tauschen sich aus, lernen Gefühle auszudrücken und können ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die spielzeugfreie Zeit ist eine wichtige Zeit in St. Benediktus, weil das Team die Kinder noch mal ganz anders kennenlernt, Schwächen erkennt aber auch Potenziale und selber auch dabei lernt, sich nicht einzumischen oder Ideengeber zu werden.
Was in St. Benediktus in Zusammenarbeit mit der Suchtstelle der Caritas entstanden ist, ist inzwischen ein Erfolgsmodell geworden. Neun Kindertageseinrichtungen im Kreis Gütersloh haben das Projekt ebenfalls eingeführt und stehen in einem Netzwerk mittlerweile im regen Austausch miteinander. „Man muss das Rad nicht neu erfinden“, meint Diana Kochtokrax und gerade die vielen Bestandteile des Konzeptes bedürfen vor der ersten Umsetzung viel Auseinandersetzung und auch Beratung kann sie sich selbst an ihre erste spielzeugfreie Zeit erinnern. Gerne gibt sie ihre Erfahrungen weiter und freut sich, wenn dieses Modell auch woanders Früchte trägt, denn sie ist sich sicher: „Was die Kinder in dieser Zeit erfahren, stärkt sie für ihr weiteres Leben, für die Schule und für viele andere Herausforderungen.“
Als Diana Kochtokrax in St. Benediktus ihr Anerkennungsjahr machte, wollte sie die spielzeugfreie Zeit als „ihr“ Projekt in die Tat umsetzten. In einer anderen KiTa hatte sie das Projekt entdeckt und war begeistert.
So mal eben eine so lange Zeit ohne die geliebten Spiele, Autos, Puppen und Bücher einzuführen, funktionierte dann doch nicht. Zwei Jahre hat es gedauert, bis man das in den 1990er Jahren in Bayern entstandene Projekt so umsetzen konnte, dass es für alle Beteiligten Anfang 2005 zum ersten Mal gut war. Die Eltern wurden im Rahmen einer Infoveranstaltung aufgeklärt und haben damals noch abgestimmt, ob sie sich einverstanden erklären. Eine jährliche Infoveranstaltung gibt es heute noch, die Abstimmung allerdings nicht, da das Projekt mittlerweile fester Bestandteil des Konzeptes ist.
„Wir sind nicht gegen Spielzeug. Im Gegenteil wir lieben tolle Spiele, Bücher, Bausteine“, erklärt Kochtokrax. Doch diese drei Monate gilt aus Überzeugung das Motto: „Weniger ist mehr“ und lernen zu verzichten ist ein wichtiger Baustein in der Entwicklung.